Versöhnlich klingt's über Grenzen weg

Banzhaf-Chor und Volksmusikensemble Kling ernten in der Aula der Schule stürmischen Applaus

Otterfing - Auch gegen Ende der 1000-Jahr-Feier gibt sich Otterfing international. Hatten im Oktober der Eine-Welt-Verein und die Gemeinde Harfenmusik aus vier Kontinenten präsentiert, konzentrierten sich der Banzhaf-Chor München unter der Leitung von Wolfgang Wirsching sowie das Otterfinger Volksmusikensemble Kling bei der drittletzten Veranstaltung der Feierlichkeiten am vergangenen Samstag in der neuen Schulaula auf europäische Volksmusik. Zur Aufführung kamen Lieder und Instrumentalstücke, galant führte der aus Böhmen stammende pensionierte Volks-schullehrer Gustav Baudisch durch den Abend.

Rote und weiße Rosen

Thematischer Schwerpunkt der Lieder war die Liebe, und abermals zeigte sich, dass Freud und Leid überall gleich sind. Pflückt etwa im französischen Lied "De bon Matin" ein junger Mann seiner Angehimmelten unter Nachtigallengesang drei weiße Rosen, so sind die Rosen im spanischen ,,Ma Julieta Dama" rot. Im tschechischen "Netukej" empfiehlt wiederum die Geliebte dem nächtlichen Besucher nicht anzuklopfen, könnte doch sonst der Vater wach werden. Das bayerische "Fein sein, beinander bleib'n" versucht dagegen, Seitensprüngen vorzubeugen.

Aus dem thematischen und auch musikalischen Rahmen fielen das "Wermländer Lied" aus Schweden sowie das hebräische "Vi'huda le'olam teshev", das ein Zitat des Propheten Joel verarbeitet, wonach Jerusalem von Geschlecht zu Geschlecht bestehen bleibe. Der Laienchor bestach mit sehr guter Verständlichkeit und hervorragender Aussprache der fremdsprachigen Texte. Plastische Stimmführung und spannungsreiche Kontraste vermochte der Oberfranke Wirsching aus dem Ensemble, das er seit drei Jahren leitet, zu zaubern. Gelegentlich sang sich der eine oder andere Tenor in den Vordergrund, was jedoch dem Gesamteindruck keinen Abbruch tat.

Dem hohen Niveau waren die Instrumentalisten um die Musikerfamilie Kling größtenteils gewachsen, allerdings waren vor allem in den Geigen Intonationsprobleme nicht zu überhören. Wunderbar beseelt und beschwingt gelangen das Ritornello aus Monteverdis "L' Orfeo" sowie Mozarts "Kontretanz Nr.1", dessen thematisches Material auch im "Violinkonzert KV 218" auftaucht.

Gerade die Integration von klassischem Musikerbe machte das Programm sinnvoll und interessant, konnte doch so manches Stück aus der vermeintlich ernsten Musik den Volksmusikcharakter nicht verbergen. Sensibel auch, dass auf das schlesische "Schönstes Schätzchen" eine polnische Mazurka folgte: Einen solchen versöhnlichen Brückenschlag wünschte man sich zuweilen auch in der Diskussion um Geschichte, Heimat und Vertreibung hüben wie drüben. Stürmisch applaudierte das Publikum, sodass schließlich gleich mehrere Zugaben gespielt wurden, darunter - passend zum thematischen Schwerpunkt - ein Canzone aus Mozarts "Figaros Hochzeit". Am 19. Dezember kann das Volksmusikensemble Kling nochmals gehört werden, wenn es gemeinsam mit der Holzkirchner "Cantica Nova" in der Stadtpfarrkirche die 1000-Jahr-Feier beschließen wird.

MARCO FREI

 

Quelle: SZ/Regional, 01. Dezember 2003